Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847): Lasset uns frohlocken! Psalmen, Sprüche, Motetten

1 Lasset uns frohlocken (Im Advent)
2 Herr sei gnädig (Zum Abendsegen)
3 Mein Gott, warum hast du mich verlassen (22. Psalm)
4 Um unsrer Sünden willen (Am Charfreitage)
5 Denn er hat seinen Engeln befohlen
6 Sahst du ihn herniederschweben (Trauergesang)
7 Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen
8 Kyrie Eleison
9 Richte mich, Gott (43. Psalm)
10 Herr, gedenke nicht unsrer Übeltaten (In der Passionszeit)
11 Herr, nun lässest du deinen Diener (Nunc dimittis)
12 Ehre sei Gott in der Höhe (Gloria in excelsis Deo)
13 Jauchzet dem Herrn (Jubilate)
14 Erhaben, o Herr, über alles Lob (Am Himmelfahrtstage)
15 Mein Herz erhebet Gott den Herrn (Magnificat)
16 Warum toben die Heiden (2. Psalm)
17 Frohlocket, ihr Völker (Weihnachten)
18 Jauchzet dem Herrn (100. Psalm)
19 Hebe deine Augen auf
20 Herr Gott, du bist unsre Zuflucht (Am Neujahrstage)
21 Heilig ist Gott der Herr Zebaoth (Sanctus)
22 Wer bis an das Ende beharrt

 

 

 

Geistliche Musik über den Religionen.

Mit vollem Namen heißt Felix: Jakob Ludwig Felix Mendelssohn Bartholdy. Ohne Bindestriche. 1816, als er sieben Jahren alt ist, lässt ihn sein Vater christlich taufen. Kurz nachdem die 1812 verkündete Gleichstellung der Juden in Preußen widerrufen wird.
„Es wäre zu wünschen, wir hätten gar keine Juden im Lande. die wir einmal haben, müssen wir dulden, aber unablässig bemüht sein, sie möglichst unschädlich zu machen. Der Übertritt der Juden zur christlichen Religion muss erleichtert werden, und mit dem sind alle staatsbürgerlichen Rechte verknüpft. Solange der Jude aber Jude bleibt, kann er keine Stellung im Staate einnehmen.“ (Verlautbarung des preußischen Finanzministeriums, 1816)
Felix‘ Eltern, Abraham und Lea Mendelssohn, konvertieren erst einige Jahre später vom jüdischen zum evangelischen Glauben. Sein Vater fügt seinem Familiennamen den nichtjüdischen Namen Bartholdy hinzu, der in keinerlei Zusammenhang mit der Familie steht. Ohne Bindestrich. Er hofft, dass seine Kinder das Mendelssohn mit der Zeit weglassen werden und unterschreibt selbst am liebsten mit: Abraham M. Bartholdy.
Felix verwendet keinen seiner beiden Taufnamen, Jakob und Ludwig, und wird später am liebsten den anderen, fremden Namen weglassen: Bartholdy. Er unterschreibt vorzugsweise mit: Felix Mendelssohn B. und bekennt sich zu seinem Großvater, den er nie kennen gelernt hat.
Jedoch auch Mendelssohn ist ein angepasster Name.
Felix‘ Großvater Moses Mendelssohn (1729-1786) heißt eigentlich: Moses Mendel Dessau. Im Alter von vierzehn Jahren folgt er seinem Talmudlehrer nach Berlin und nennt sich fortan Moses Mendelssohn. Noch spricht er nur Jiddisch und Hebräisch. Er bricht mit der jüdischen Tradition, lernt Deutsch, eignet sich autodidaktisch Kenntnisse in Literatur, Wissenschaft und Philosophie an und wird einer der bedeutendsten deutschen Philosophen und Gelehrten seiner Zeit, eine Schlüsselfigur der Aufklärung. Zu seinen engsten Freunden zählen Herder, Kant und Lessing, der ihn literarisch verewigt:
Moses Mendelssohn ist Nathan, der Weise.
Er bekennt sich zum Judentum ebenso wie zur Aufklärung, zur Integration in die christliche Gesellschaft wie auch zum jüdischen Glauben und tritt für absolute Glaubensfreiheit ein: Für ihn sind die verschiedenen Religionen verschiedene Ausdrucksformen und Erscheinungen einer einzigen, übergeordneten Religion.
Sein Enkelsohn Jakob Ludwig Felix Mendelssohn Bartholdy betrachtet Musik als etwas, das über allen und jenseits von religiösen Bekenntnissen steht, denn er ist in keiner bestimmten Konfession beheimatet. Er identifiziert sich mit keinem spezifischen religiösen Ritus, Musik als Teil eines Ritus ist für ihn nicht nachvollziehbar.
Seine geistliche Musik unterschätzt er dennoch, wenn er ihre Wirkung auf Andacht und Erbauung einschränkt. Denn sie trägt alle Konfessionen in sich. Jedes seiner vokalen geistlichen Stücke vermittelt uns, jenseits eines bestimmten Bekenntnisses, jeweils eine einzige klare Botschaft, über allen Religionen schwebend.

Später, wenn ich älter bin.

Am 12. Jänner 1835 schreibt Felix an den Prediger Bruno Bauer, der ihn drängt, eine geistliche Musik für den Gottesdienst zu komponieren.
„Was ich nicht verstehe, ist der Inhalt, - der musikalisch- oder dramatisch-oratorische, oder wie Du es nennen willst, – den Du Dir dabei denkst. (…)
Eine wirkliche Kirchenmusik, d.h. für den evangelischen Gottesdienst, die während der kirchlichen Feier ihren Platz fände, scheint mir unmöglich, und zwar nicht bloß, weil ich durchaus nicht sehe, an welcher Stelle des Gottesdienstes die Musik eingreifen sollte, sondern weil ich mir überhaupt diese Stelle gar nicht denken kann. (…)
Bis jetzt weiß ich nicht, – auch wenn ich von der Preußischen Liturgie abweiche, die alles Derartige abschneidet, und wohl nicht bleibend, oder gar weitergehend sein wird, - wie es zu machen sein sollte, daß bei uns die Musik ein integrierendes Theil des Gottesdienstes, und nicht bloß ein Concert werde, das mehr oder weniger zu Andacht anrege. So ist auch die Bach‘sche Passion gewesen; - sie ist als ein selbständiges Musikstück zur Erbauung in der Kirche gesungen worden; - von eigentlich kirchlicher, oder wenn Du willst gottesdienstlicher Musik kenne ich nur die alt-italienischen Sachen für die päbstliche Capelle, wo aber wieder die Musik nur begleitende ist, und sich der Function unterordnet und mitwirkt wie die Kerzen, der Weihrauch u.s.w. Meinst Du nun diese Art kirchlicher Musik, so fehlt mir, wie gesagt, der Anknüpfungspunkt, von dem aus ich sie mir möglich denken könnte. (…)
Wenn Du aber sagst „unser arme Kirche“, so muß ich Dir wunderhalber erzählen, daß ich zu meinem Erstaunen gefunden habe, daß die Katholiken, die doch nun seit mehreren Jahrhunderten Musik machen, und in ihren Hauptkirchen wo möglich alle Sonntag eine musikalische Messe singen, bis heute noch nicht eine einzige besitzen, von der man sagen könnte, daß sie nur erträglich passend, nur nicht gerade störend und opernhaft sei. Das geht von Pergolese und Durante, die die lächerlichsten Trillerchen in ihrem Gloria bringen, bis auf die heutigen Opern-Finales durch.
 Wäre ich Katholik, ich setzte mich gleich heute Abend hin und finge an, und es möchte werden wie es wolle, so würde es die einzige Messe, welche wenigstens mit fortdauernder Erinnerung an den kirchlichen Zweck geschrieben wäre. Aber ich will es vorläufig nicht thun; - vielleicht einmal später, wenn ich älter bin.“
Felix Mendelssohn B.

 

1 Im Advent

Frohlocken.
Ein Jahr vor seinem Tod vertont Felix einen Spruch, der sich eindeutig einer christlichen Religion zuordnen lässt, heißt er doch Im Advent. Felix versetzt uns in das freudig verheißungsvolle Erwarten einer Ankunft, in G-Dur, Tonart der naiven, zärtlichen Fröhlichkeit. Etwas wird demnächst ankommen, etwas, das unser Herz mit Leichtigkeit erfüllt. Fast könnten wir vor Freude: hüpfen! Doch ist es das Erwarten des bereits Angekommenen, Jesus Christus? Oder das Erwarten eines Messias, der erst kommen wird? Oder das Erwarten der ewigen Glückseligkeit in einem unbekannten Leben, das jenseits des unseren beginnt, demnächst.

Lasset uns frohlocken, lasset uns frohlocken,
es nahet der Heiland, es nahet der Heiland,
den Gott uns verheißen hat.
Der Name des Herrn sei gelobet in Ewigkeit.
Halleluja, Halleluja!

op. 79 Nr. 6, aus: Sechs Sprüche/G-Dur/8stimmiger gemischter Chor a cappella

Leipzig 1846

2 Zum Abendsegen

Flehen.
Für den anglikanischen Gottesdienst hat Felix einen geistlichen Text vertont, in dem er sehnsüchtiges, inständiges Bitten ausdrückt; ein flehentliches Anrufen von etwas oder von jemandem, an keinem bestimmten Ort, doch auf jeden Fall: über uns; gerichtet an einen Gott, der in jeder Kirche wohnen könnte oder auch in gar keiner. In a-moll breitet der Komponist ein ruhig und stetig sich steigerndes Ziehen in uns aus, dem wir uns unmöglich ent-ziehen können, an der Grenze zwischen Schmerz und Trost.

Herr! Herr!
Herr, sei gnädig unserem Flehn,
und erfülle uns mit deinem Geist;
Herr, sei gnädig unserem Flehn,
und schreib in unser Herz dein Gebot,
Herr, erhör uns,
und schreib in unser Herz
dein heilig Gebot,
Herr, erhör uns.

Nach dem anglikanischen Vespergesang „Lord! Have mercy upon us“/WoO 12/a-moll/4stimmiger gemischter Chor a cappella/Berlin 1833

3 Der 22. Psalm
Psalm 22, 1-8, 14-31

Klagen.
In kaum einem anderen Text wie in diesem Klagepsalm wird so deutlich, wie eng das Alte und das Neue Testament miteinander verwoben sind. Herr, Gott, warum hast du mich verlassen? Die ersten Worte des alttestamentarischen Psalms sind zugleich die, welche uns vom Neuen Testament als die letzten Worte Jesu am Kreuz überliefert sind. Vielleicht hat Jesus im Augenblick des Todes angefangen, diesen Psalm zu beten. Der Psalm ruft in uns die christliche Passionsgeschichte wach, die Grenzen verschwimmen, die Leidensgeschichte Jesu verschmilzt mit dem Psalm, der sie vorwegnimmt. Felix hat den Text als dramatischen Wechselgesang zwischen dem einen Klagenden und dem kommentierenden Volk vertont. Traurigkeit liegt über der Szenerie, andächtige Traurigkeit in der Grundtonart e-moll; das Klagen wird bisweilen eindringlich, doch anklagend? Nie. Die drohenden wilden Tiere sind als ferner Alptraum komponiert. Aber du, Herr, sei nicht ferne – ab diesem Vers 19 schon verbreitet Felix zärtliche Hoffnung, bis zum Ende.

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Ich heule, aber meine Hilfe ist fern.
Mein Gott, des Tages rufe ich zu dir, so antwortest du nicht;
und des Nachts schweige ich auch nicht.
Aber du bist heilig, der du wohnest unter dem Lobe Israels.
Unsere Väter hofften auf dich;
und da sie hofften, haltest du ihnen aus.
Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch,
ein Spott der Leute und Verachtung des Volks.
Alle, die mich sehen, spotten meiner, sperren das
Maul auf und schütteln den Kopf:
Er klage es dem Herrn, der helfe ihm aus
und errette ihn, hat er Lust zu ihm.
Ich bin ausgeschüttet wie Wasser,
alle meine Gebeine haben sich getrennt.
Mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzenes Wachs.
Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe,
und meine Zunge klebt am Gaumen,
und du legst mich in des Todes Staub.
Denn Hunde haben mich umgeben,
und der Bösen Rotte hat sich um mich gemacht;
sie haben meine Hände und Füße durchgraben.
Sie teilen meine Kleider unter sich
und werfen das Los um mein Gewand.
Aber du, Herr, sei nicht ferne;
meine Stärke, eile mir zu helfen!
Errette meine Seele vom Schwert, meine Einsame,
von den Hunden.
Hilf mir aus dem Rachen des Löwen und errette
mich von den Einhörnern.
Ich will deinen Namen predigen meinen Brüdern,
ich will dich in der Gemeinde rühmen.
Rühmet den Herrn, die ihr ihn fürchtet!
Es ehre ihn aller Same Jakobs,
und vor ihm scheue sich aller Same Israels.
Denn er hat nicht verachtet noch verschmäht
das Elend des Armen und sein Antlitz
nicht vor ihm verborgen,
und da er zu ihm schrie, hörte er es.
Dich will ich preisen in der großen Gemeinde;
ich will meine Gelübde bezahlen
vor denen, die ihn fürchten.
Die Elenden sollen essen, dass sie satt werden;
und die nach dem Herrn fragen, werden ihn preisen;
euer Herz soll ewiglich leben.
Es werde gedacht aller Welt Ende,
dass sie sich zum Herrn bekehren
und vor ihm anbeten alle Geschlechter der Heiden.
Denn der Herr hat ein Reich,
und er herrscht unter den Heiden.

op. 78 Nr. 3, aus: Drei Psalmen für Chor und Solostimmen/Zum Palmsonntag

e-moll/4stimmiger gemischter Chor und Soli a cappella/Berlin 1844

4 Am Charfreitage
Philipper 2, 8–9

Auflehnen.
Mit schlichter Homophonie erzeugt Felix eine sich sanft wiegende Unerbittlichkeit, die sich plötzlich und unerwartet auflehnt: Darum! Schon ebbt sie ab, die Auflehnung, und mündet in ein Halleluja, wie auch die anderen fünf der Sechs Sprüche – in das vielleicht traurigste Halleluja der Musikgeschichte.

Um unsrer Sünden willen
hat sich Christus erniedriget
und ist gehorsam geworden
bis zum Tode am Kreuze;
darum hat Gott ihn erhöhet
und ihm einen Namen gegeben,
der über alle Namen ist.
Halleluja!

op. 79 Nr. 5 aus: Sechs Sprüche/e-moll/8stimmiger gemischter Chor a cappella/1844

5 Denn er hat seinen Engeln befohlen
Psalm 91, 11–12

Geborgensein.
Zwischen Zärtlichkeit und Fröhlichkeit kann sich die Tonart G-Dur bewegen. In dieser Motette, die später auch in das Oratorium Elias Eingang findet, drückt Felix ausschließlich Zärtlichkeit aus. Die Worte sind dem 91. Psalm entnommen, in welchem der Betende sich vertrauensvoll unter den Schirm des Herrn begibt, gegen alle äußere Widrigkeiten Zuflucht sucht und findet. Felix‘ Musik beleuchtet Zärtlichkeit in allen nur fühlbaren Facetten, bis in ihre geheimsten Winkel, auch dort, wo es schmerzhaft wird. Nur wenn Zärtlichkeit den Schmerz mit einschließt, fühlen wir: Geborgenheit.

Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir,
dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen,
dass sie dich auf den Händen tragen
und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.

Motette/G-Dur/8stimmiger gemischter Chor a cappella/1844/verwendet in: Elias/op. 70, Nr. 8/1846

6 Trauergesang
Text: Friedrich Aulenbach

Hoffen.
Im Trauergesang verschwimmen die Grenzen zwischen weltlich und geistlich. Der Text stammt von einem (zu seiner Zeit berühmten) romantischen Dichter aus Felix‘ Bekanntenkreis; dieser hat ihn für einen verstorbenen Freund verfasst und dem Komponisten gewissermaßen aufgedrängt. Felix wählt g-moll, Tonart des Todes; und doch gelingt es ihm, diesen Text mit Licht zu durchfluten. Leicht hätte diese idealisierte Szene – fernab, so würde man meinen, jeder Sterbewirklichkeit – die ihr innewohnende Grenze zum Kitsch überschreiten können, hätte Felix nicht Pathos in hoffnungsfrohe Leichtigkeit aufgelöst. Nur zwei Jahre später wird er selbst sterben; wenn man die Zeichnung betrachtet, die sein Schwager Wilhelm Hensel am 6. November 1847 gemacht hat: friedlich, beinahe lächelnd.

Sahst du ihn herniederschweben
in der Morgenröte Lichtgewand?
Palmen strahlten in des Engels Hand;
sein Berühren trennt des Geistes Leben
von der Erdenhülle schwerem Band.
Wem, o Engel, rufet dein Erscheinen?
Sag, wem gilt dein Flug so ernst und hehr?
Was erblick' ich! Aller Augen weinen,
ach, ihr Liebling ist nicht mehr!
Lächelnd schlief er ein, des Himmels Frieden
strahlt vom vielgeliebten Angesicht
und die Mien, in der sein Geist hienieden
sich verklärt, verließ ihn sterbend nicht.

op. 116/g-moll/4stimmiger gemischter Chor a cappella/1845

7 Mitten wir im Leben sind
Text: Martin Luther

Bitten.
Martin Luthers Dichtung faszinierte Felix, das Lutherische Liederbuch war sein ständiger Begleiter, auch in Rom, wo er auf seiner zweiten Reise (1829-1831) mehrere Monate verbrachte und die – katholische – altitalienische Musik studierte. „Wie da jedes Wort nach Musik ruft, wie jede Strophe ein anderes Stück ist, wie überall ein Fortschritt, eine Bewegung, ein Wachsen sich findet, das ist gar zu herrlich und ich komponierte hier mitten in Rom sehr fleißig daran.“ Ratlos klagend fragen Männer, sicher geben Frauen Antwort; Männer bekunden Reue, bevor sie, mit Frauen vereint, den Herrn um Gnade bitten; polyphon bittendes Volksgemurmel mündet in die klassische Bitte: Kyrie eleison.

Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen.
Wen suchen wir, der Hilfe tu, dass wir Gnad erlangen?
Das bist du, Herr, alleine.
Uns reuet unsre Missetat, die dich, Herr, erzürnet hat.
Heiliger Herre Gott, heiliger starker Gott,
heiliger barmherziger Heiland, du ewiger Gott,
lass uns nicht versinken in des bittern Todes Not.
Kyrie eleison.
Mitten in dem Tod anficht uns der Höllen Rachen.
Wer will uns aus solcher Not frei und ledig machen?
Das tust du, Herr, alleine.
Es jammert dein Barmherzigkeit unsre Sünd und großes Leid.
Heiliger Herre Gott, heiliger starker Gott,
heiliger barmherziger Heiland, du ewiger Gott,
lass uns nicht verzagen vor den tiefen Höllen Glut.
Kyrie eleison.
Mitten in der Höllen Angst unsre Sünd uns treiben.
Wo solln wir denn fliehen hin, da wir mögen bleiben?
Zu dir, Herr Christ, alleine.
Vergossen ist dein teures Blut, das gnug für die Sünde tut.
Heiliger Herre Gott, heiliger starker Gott,
heiliger barmherziger Heiland, du ewiger Gott,
lass uns nicht entfallen von des rechten Glaubens Trost.
Kyrie eleison.
 
op. 23 Nr. 3, aus: 3 Kirchenmusiken/c-moll/8-stimmiger Chor a cappella/Rom 1830

8 Kyrie Eleison

Danken.
Felix ist nun 37. Noch immer hat er keine Messe geschrieben, „die wenigstens mit fortdauernder Erinnerung an den kirchlichen Zweck geschrieben wäre“. Die deutsche Liturgie komponiert er für den Gottesdienst im Berliner Dom. Formal hält er sich an die neue liturgische Vorschrift der Einfachheit. Inhaltlich jedoch macht er, was er will. Das Kyrie ist ein Bittgesang. Felix jedoch komponiert, in A-Dur, liebevoll, seinen Dank dafür, dass der Herr sein Bitten erhört hat.

Kyrie eleison,
Christe eleison,
Kyrie eleison.

WoO 24/A-Dur/zwei 4stimmige gemischte Chöre a cappella/18. Oktober 1846
 
9 Der 43. Psalm

Vertrauen.
Unerschütterliche Gewissheit um die Weisheit des Herrn ist die Botschaft dieser Motette. Sicherheit durch Einigkeit! Vor allem die Männer bekunden immer wieder durch Einstimmigkeit, dass wir uns der Gnade des Herrn sicher sein können, ernst und feierlich; die Frauen drücken, mehrstimmig, Zustimmung aus. Sende dein Licht! Hier vereinen sich die Geschlechter, freuen sich in F-Dur über das gesendete Licht. Am Ende sind sich Männer und Frauen einig, in siegessicherem D-Dur: Wir haben allen Grund, auf Gott zu vertrauen.

Richte mich, Gott, und führe meine Sache
wider das unheilige Volk
und errette mich von den falschen und bösen Leuten.
Denn du bist der Gott meiner Stärke.
Warum verstößest du mich?
Warum lässest du mich so traurig geh’n,
wenn mein Feind mich drängt?
Sende dein Licht und deine Wahrheit,
dass sie mich leiten zu deinem heiligen Berge
und zu deiner Wohnung.
Dass ich hineingehe zum Altar Gottes,
zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist,
und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.
Was betrübst du dich, meine Seele,
und bist so unruhig in mir?
Harre auf Gott!
Denn ich werde ihm noch danken,
dass er meines Angesichts Hilfe
und mein Gott ist.

op. 78 Nr. 2, aus: Drei Psalmen für Chor und Solostimmen/Zum Palmsonntag/d-moll/8stimmiger gemischter Chor und Soli a cappella/Berlin 1844

10 In der Passionszeit
Psalm 25

Verzeihen.
In diesem Spruch nach Psalm 25, einem Bußpsalm, mischt sich sanfte Traurigkeit mit ruhiger Freude, da wir Gewissheit haben, dass unsere Fehlbarkeit uns gnädig vergeben wird, in einem Halleluja, das die trauerüberschattete Freude ausdrückt, wie wir sie spüren, wenn uns verziehen wird.

Herr, gedenke nicht unsrer Übeltaten
und erbarme dich unseres Elends.
Herr, der du unser Heiland bist, stehe uns bei,
erlöse uns und vergib uns unsere Sünden
um der Herrlichkeit deines Namens willen.
Halleluja!

op. 79 Nr. 4, aus: Sechs Sprüche/d-moll/8stimmiger Chor a cappella/Leipzig 1844

11 Nunc dimittis
Lukas 2, 29-32

Abschied nehmen.
Im Tempel von Jerusalem. Der greise Simeon erkennt in einem Kind den erwarteten Heiland. Die Weissagung erfüllt sich: Erst jetzt, da seine Augen den Verheißenen geschaut haben, darf er sterben. Die Vertonung der Verse aus dem Lukas-Evangelium ist für den anglikanischen Gottesdienst bestimmt. Felix schreibt sie im Juni 1847. Am 13. Mai ist, ohne Vorwarnung, der Mensch gestorben, der ihm am nächsten steht, seine Schwester. Felix erleidet den ersten von mehreren Schlaganfällen. Wenige Monate später stirbt er selbst, am 4. November.

Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren,
wie du verheißen hast.
Denn mein Auge hat deinen Heiland gesehn,
den du bereitet vor allen Völkern,
dass er ein Licht sei den Heiden,
und zu Preis und Ehre deines Volkes Israel.
Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren,
mein Auge hat deinen Heiland gesehn,
welchen du bereitet,
dass er ein Licht sei den Heiden,
und zum Preise deines Volkes Israel.
Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren.
Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem heiligen Geist.
Wie es war zu Anfang, jetzt und immerdar
und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen

op. 69 Nr. 1, aus: Drei Motetten für Chor und Solostimmen/Es-Dur/4stimmiger gemischter Chor und Soli a cappella/Leipzig 1847

12 Ehre sei Gott in der Höhe

Rühmen.
Das deutsche Gloria in excelsis Deo hat Felix, ebenso wie das Kyrie und das Heilig, für den Gottesdienst nach der „Preußischen Agende“ geschrieben, welche der Kirchenmusik Schlichtheit verordnet. Auf echte Künstler wirkt scheinbar Restriktives anregend und befruchtend. Der Vorschrift der Einfachheit folgend, vertont Felix einen einzigen Inhalt: das Rühmen. Das Wesen von Ruhm ist, dass sich der Ruf von jemandem ausdehnt und ausbreitet. Gott rühmen bedeutet also: das Wissen um seine Großartigkeit verbreiten. Felix lässt den Ruhm Gottes sich ausbreiten, in jedem Augenblick, über die im Detail unterschiedlichen Inhalte hinweg, egal ob in den Soli oder im Chor und unabhängig von der Verschiedenheit der Tempi – unaufhaltsam und grenzenlos.

Ehre sei Gott in der Höhe
Und Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!
Wir loben dich, wir benedeien dich,
wir beten dich an, wir preisen dich,
wir sagen dir Dank um deiner großen Herrlichkeit willen.
Herr Gott! Himmlischer König! Allmächtiger Vater!
Herr, du eingeborner Sohn, Jesus Christus!
Herr, Gott, du Lamm Gottes, Sohn des Vaters!
Erbarme dich unser!
Der du die Sünde der Welt trägst, nimm an unserer Gebet!
Der du sitzest zur Rechten des Vaters, erbarme dich unser!
Denn du allein bist heilig, denn du allein bist der Herr,
du allein bist der Allerhöchste, Jesus Christus,
mit dem heiligen Geist in der Herrlichkeit Gottes, des Vaters. Amen!

Aus: Die deutsche Liturgie/WoO 26/D-Dur/zwei 4stimmige gemischte Chöre a cappella/1846

13 Jubilate
Psalm 100

Dankbarkeit.
Nur dem Namen nach geht es hier um Jubilieren, Jauchzen und Frohlocken. Felix‘ Musik drückt nur verhaltene Freude aus, zurückhaltenden Jubel und sehr leises Lob. Der Schlüsselsatz dieses Psalms ist: O geht zu seinen Toren ein mit Danken. Felix legt das ruhige, abgeklärte Danken diesem Chor als Stimmung zu Grunde. Dank kommt, seinem Ursprung nach, von Denken: sich Gedanken machen, was jemand uns Gutes getan hat. Auch das Jubilate schreibt Felix im Jahr seines Todes.

Jauchzet dem Herrn, alle Welt!
Dienet dem Herrn mit Freuden,
kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken.
Erkennet, dass der Herr Gott ist.
Er hat uns gemacht
und nicht wir selbst zu seinem Volk
und zu Schafen seiner Weide.
O geht zu seinen Toren ein mit Danken,
zu seinen Vorhöfen mit Loben,
danket ihm, lobet seinen Namen.
Denn der Herr ist freundlich,
und seine Gnade und Wahrheit waltet ewig.
Denn der Herr ist freundlich.
Ehre sei dem Vater und dem Sohne
und dem heiligen Geiste.
Wie es war zu Anfang,
jetzt und alle Zeit
und in Ewigkeit. Amen.

op. 69 Nr. 2, aus: Drei Motetten für Chor und Solostimmen/A-Dur/4stimmiger gemischter Chor und Soli a cappella/1847

14 Am Himmelfahrtstage

Erhöhen.
Würdig erhabenes B-Dur wählt Felix und preist den Herrn, der doch über allem Lob steht: Er lässt den Chor höher einsteigen als in den anderen Sprüchen und die Linien immer wieder steigen. Die Himmelfahrt endet in einem Halleluja; es ist das allerhöchste unter den Hallelujas seiner Sechs Sprüche.
 
Erhaben, o Herr, über alles Lob,
über alle Herrlichkeit,
herrschest du von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Halleluja!

op. 79 Nr. 3, aus: Sechs Sprüche/B-Dur/8stimmiger Chor a cappella/Leipzig 1846

15 Magnificat
Lukas 1, 46-55

Liebe.
Die Verehrung der Mutter Jesu, wie auch jeder anderen Frau, ist in der protestantischen wie auch in der anglikanischen Kirche umstritten bis verpönt, bestenfalls geduldet. Warum hat Felix einen Text vertont, der aus der Verkündigungsszene stammt. Warum nur wenige Wochen nach dem Tod seiner über alles geliebten Schwester. Warum in einer Tonart, die nichts Trauriges an sich hat. Könnte Felix‘ Magnificat eine liebevolle Hommage an Fanny sein, ein sich Ver-gewiss-ern, dass es ihr gut geht, in jener anderen Welt?

Mein Herz erhebet Gott, den Herrn,
und es freuet sich mein Geist Gottes, meines Heilandes.
Denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd freundlich angesehen.
Sieh, mich preisen selig alle Kindeskinder von nun an;
denn er, der da mächtig, dess Name heilig ist,
hat Großes an mir getan.
Und Barmherzigkeit erzeigt der Herr
an allen, die ihn fürchten.
Mit der Gewalt seines Arms hat er alle zerstreut,
die im Herzen hoffärtig sind;
von ihrem Stuhle stößt er die Gewaltigen,
und richtet auf, die elend und niedrig sind.
Er erfüllet die Hungrigen alle mit Gütern,
und die Reichen gehen leer von ihm hinweg.
Er gedenket der Barmherzigkeit,
und hilft seinem Diener Israel auf.
Wie er zugesagt mit seinem Worte,
Abraham und seinem Samen ewiglich.
Ehre sei dem Vater, und dem Sohne,
und dem heiligen Geist.
Wie es war zu Anfang,
jetzt und immerdar,
und von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.

op. 69 Nr. 3, aus: Drei Motetten für Chor und Solostimmen/B-Dur/4stimmiger gemischter Chor und Soli a cappella/Juni 1847

16 Der 2. Psalm

Befrieden.
Gott sichert dem König von Judäa die Weltherrschaft zu, die unterworfenen Völker lehnen sich beim Regierungswechsel auf – er muss sie erneut unterwerfen. Gott gewährt ihm seine Hilfe: Er nimmt ihn an Sohnes statt an. Du bist mein Sohn, heute hab ich dich gezeuget. Die Stellung Jesu als Sohn Gottes wird vorweggenommen. Wieder verschwimmen die Grenzen zwischen Altem und Neuem Testament, in diesem Königspsalm. Oder komponiert Felix den ewigen Kampf zwischen dem Alten und Neuen Bund, in g-moll, den er in einer utopischen Harmonie enden lässt: in reinem C-Dur.

Warum toben die Heiden,
und die Leute reden so vergeblich?
Die Könige im Lande lehnen sich auf,
und die Herrn ratschlagen miteinander
wider den Herrn und seinen Gesalbten.
Lasst uns zerreißen ihre Bande
und von uns werfen ihre Seile!
Aber der im Himmel wohnet,
lachet ihrer, und der Herr spottet ihrer.
Er wird einst mit ihnen reden in seinem Zorn,
und mit seinem Grimm wird er sie schrecken.
Aber ich habe meinen König eingesetzt
auf meinem heiligen Berge Zion.
Ich will von einer solchen Weise predigen,
dass der Herr zu mir gesagt hat:
Du bist mein Sohn, heute hab ich dich gezeuget;
heische von mir, so will ich dir die Heiden zum Erbe geben
und der Welt Ende zu Eigentum.
Du sollst sie mit eisernem Szepter zerschlagen,
wie Töpfe sollst du sie zerbrechen.
So lasset euch nun weisen, ihr Könige,
und lasset euch züchtigen, ihr Richter auf Erden.
Dienet den Herrn mit Furcht,
und freuet euch mit Zittern!
Küsset den Sohn, dass er nicht zürne
und ihr umkommet auf dem Wege,
denn sein Zorn wird bald anbrennen.
Aber wohl allen, die auf ihn trauen.
Ehre sei dem Vater, und dem Sohne,
und dem heiligen Geiste.
Wie es war von Anfang, jetzt und immerdar
und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

op. 78 Nr. 1, aus: Drei Psalmen für Chor und Solostimmen/g-moll/zwei 4stimmige gemischte Chöre und Soli a cappella/Berlin 1843

17 Weihnachten

Loben.
Der Text beginnt mit den ersten Worten aus dem alttestamentarischen Psalm 47, in welchem Gott noch ein echter König ist – Seraphim sind es, die ihn preisen. Dann, unvermittelt setzt die Weihnachts-Geschichte aus dem Neuen Testament ein – hier sprechen die Völker der Erde. Das Alte und das Neue Testament – eine verwobene Geschichte in Fortsetzungen. Felix beendet sie mit einem verheißungsvollen Halleluja, ein Wort, das aus dem Hebräischen kommt und den Namen Gottes beinhaltet, verkürzt: Jah. Der volle Name Jahwe gilt als unaussprechlich.

Frohlocket, ihr Völker auf Erden
und preiset Gott!
Der Heiland ist erschienen,
den der Herr verheißen.
Er hat seine Gerechtigkeit
der Welt offenbaret, Halleluja!
Frohlocket, ihr Völker auf Erden,
Halleluja!

op. 79 Nr. 1, aus: Sechs Sprüche/G-Dur/8stimmiger gemischter Chor a cappella/Leipzig 1843

18 Der 100. Psalm

Zuversicht.
Seiner ersten Vertonung des Jauchzet-Psalms fügt Felix kein Ehre sei dem Vater an. Die Musik ist erfüllt mit gehobener Stimmung, mit erwartungsvoller Freude über das, was bald oder später kommen wird. Die Zuversicht scheint berechtigt, denn sie ruht auf der Grundlage des Guten, das wir bisher erfahren haben und für das wir dankbar sind, von Herzen.

Jauchzet dem Herrn, alle Welt!
Dienet dem Herrn mit Freuden;
kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken!
Erkennet, dass der Herr Gott ist!
Er hat uns gemacht, und nicht wir selbst zu seinem Volk
und zu Schafen seiner Weide.
Gehet zu seinen Toren ein mit Danken,
zu seinen Vorhöfen mit Loben;
danket ihm, lobet seinen Namen!
Denn der Herr ist freundlich, und seine Gnade währet ewig
und seine Wahrheit für und für.

WoO 28/C-Dur/4stimmiger gemischter Chor a cappella/1842

19 Hebe deine Augen auf
Psalm 121, 1-3

Einhüllen.
Der Text ist der Anfang eines Wallfahrtsliedes. Drei Engel singen ihn in Felix‘ Oratorium Elias. Sie hüllen den Propheten Elias in Ruhe und Sicherheit, suggestiv, beinahe hypnotisch, und leiten ihn zum Berg Horeb. Dort wird er dem unsichtbaren Gott begeben und die Kraft schöpfen, den Kampf gegen die heidnischen Götzendiener wieder aufzunehmen.

Hebe deine Augen auf zu den Bergen,
von welchen dir Hilfe kommt.
Deine Hilfe kommt vom Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen,
und der dich behütet, schläft nicht.

D-Dur/Aus: Elias/op. 70, Nr. 28, Terzett der Engel/drei Frauenstimmen/1846

20 Am Neujahrstage
Psalm 90, 1-2

Ehrfurcht.
Der 90. Psalm ist ein Gebet. Moses betet zu Gott, bewundert dessen Unvergänglichkeit, um die eigene Vergänglichkeit wissend, die Flüchtigkeit des irdischen Daseins. Felix‘ Musik beginnt mit Furcht, setzt sich fort mit bangem Herzklopfen, ehe denn die Berge… Am Ende singt der Chor ein einstimmiges Halleluja. Um sich Mut zu machen? Und endet, im letzten Augenblick, auf einem hoffnungsvoll staunenden D-Dur-Akkord: Jah.

Herr Gott, du bist unsre Zuflucht für und für.
Ehe denn die Berge
und die Erde und die Welt erschaffen worden,
bist du Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Halleluja!

op. 79 Nr. 2, aus: Sechs Sprüche/d-moll/8stimmiger Chor a cappella/Berlin 1843

21 Heilig
Jesaja 6, 3; Psalm 118, 25; Matthäus 21, 9

Gewissheit.
Felix vertont in seinem deutschen Sanctus zunächst eine Stelle aus dem Alten Testament. Seraphim sind es, die den Herrn Zebaoth preisen. Das Hosianna stammt aus einem alttestamentarischen Psalm und bedeutet eigentlich: Herr, so hilf doch! Im Neuen Testament wird es als Jubelruf beim Einzug Jesu nach Jerusalem am Palmsonntag umgedeutet und der christlichen Liturgie einverleibt. Die Volksmengen aber, die vor ihm hergingen und nachfolgten, riefen und sprachen: Hosanna dem Sohn Davids! Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosanna in der Höhe! Felix lässt uns keine Sekunde zweifeln, dass Gott heilig ist, uns Heil und Heilung bringt. Herr, so hilf doch! Ist ein rein rhetorisches Bittgesuch, dem längst und für immer stattgegeben worden ist.

Heilig ist Gott der Herr Zebaoth!
Alle Lande sind seiner Ehre voll.
Hosianna in der Höh!
Gelobt sei der da kommt
im Namen des Herrn!
Hosianna in der Höh!

Aus: Die deutsche Liturgie/WoO 27/D-Dur/zwei 4stimmige gemischte Chöre a cappella/1846

22 Wer bis an das Ende beharrt
Matthäus 24, 13

Glückseligkeit.
Jesus selbst spricht in diesem Teil des Matthäus-Evangeliums zu uns. Und dann werden viele verleitet werden und werden einander überliefern und einander hassen; und viele falsche Propheten werden aufstehen und werden viele verführen; und weil die Gesetzlosigkeit überhand nimmt, wird die Liebe der meisten erkalten; wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird errettet werden. Felix löst die beharrliche Festigkeit eines Chorals mit selig schwebender Leichtigkeit, beschert uns, in pastoralem F-Dur, Weihnachten – in einem höheren Sinn.

Wer bis an das Ende beharrt,
der wird selig.

Aus: Elias/F-Dur/op. 70 Nr. 32/1846

 

(© Sabine M. Gruber 2010)